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Die Beckumer Anschläge

Die Geschichten

WIE DIE BÜRGER SICH ZUM BAU EINES RATHAUSES VORBEREITEN

Nachdem die Stadt entstanden und fertig gebaut war – wie hat sich leider nicht erhalten – war es allen Bürgern sehr auffallend, dass sie kein Rathaus ausgeführt hatten, wie es doch andere und noch dazu sehr kleine armselige Städtchen längst besaßen. Schnell wurde daher eine allgemeine Volksversammlung auf den nächsten Montag anberaumt, und in derselben nach vielen, von der höchsten Weisheit der Stadt zeugenden Reden, (die leider später von einer benachbarten Stadt, die dieselben sehr beneidete und sich dieselben zum Muster nehmen wollte, heimlich entwendet wurden, wo sie jedoch in einem Brande noch in demselben Jahre verloren gingen,) den rathausbau beschlossen und an den Höchstfordernden zur Leitung vergeben. Denn die Ausführungsarbeiten wollte jeder Bürger selbst machen, da der Bau eine allgemeine, alle in gleichem Maße am Herzen liegende Angelegenheit sei.

Sofort begab man sich daher am anderen Morgen an die Arbeit, und zwar zuerst an die Herbeischaffung des Bauholzes, der Sparren und Latten. Als der erste Baum aus dem tausendjährigen Walde, der noch die Schöpfung der Welt gesehen hatte, gefallen war, trug ihn die gesamte Bürgerschaft, der hochgerechte Herr Bürgermeister an der Spitze, jubelnd und in Festtagskleidern zur Stadt. Aber o weh! Als sie an das Tor kamen, war dasselbe zu eng und der Baum zu lang. Sie trugen ihn daher zu den sechs anderen Toren der Stadt, um dort seine Hereinschaffung zu probieren, aber auch da gelang es nicht. Die Tore waren zu eng. Da war guter Rat teuer. Eine neue Volksversammlung wurde anberaumt, aber Niemand wusste Rat, wie man den schönen Baum in die Stadt schaffen konnte, bis endlich auf ein Zeichen der Feuerglocke aus der ganzen Stadt die alten Frauen zum Tore hinauseilten, um das Vorgefallende zu erfahren. Da kam man dann endlich auf den Gedanken, am anderen Tage ein Stück von der Stadtmauer samt dem Tore niederzureißen, um so den Baum in die Stadt zu schaffen. Man hätte doch nur, meint der Leser, vielleicht ganz richtig, den Baum statt der Quere, der Länge nach hineintragen können – aber daran dachte man zum Unglück nicht. Doch hören wir, wie es weiterging.